"Hallo."
Skivar blickte auf die Figur vor ihm.
Wie war er hier hergekommen?
Alles war... anders. Der Himmel hatte eine roetliche Farbe statt des Azurblaus, an das er gewohnt war. Um ihn lag eine Wueste, uebersaet mit den Koerpern riesiger Gestalten. Und direkt neben ihm war-
Der Fremde sah aus wie er, aber eine verzerrte und zutiefst seltsame Version von ihm. Sorgenfalten hatten sich in sein Gesicht gegraben, weiße Straehnen zogen sich durch sein Haar und sein Koerper war so voll von Narben, dass es aussah, als haette ihn jemand aus Ersatzteilen zusammengenaeht. Er konnte nicht viel aelter als Skivar sein - siebzehn - aber er sah aus, als haette er genug Schmerz für ein Jahrhundert gesehen.
Er hatte ihn begrueßt.
"Hi. Ich bin Skivar. Du- du blutest. Kann ich- ich meine, soll ich irgendetwas fuer dich tun?"
Der Fremde laechelte. Er lag auf dem Boden, die linke Seite seines Koerpers war blutgetraenkt, aber er laechelte.
"Du bist es. Du bist es wirklich. Ich haette nicht gedacht, dass ich dich jemals sehen wuerde."
Worueber sprach er?
"Weisst du, manchmal, wenn ich nachts wachlag, habe ich mir vorgestellt, mit dir zu sprechen. Nett, dass mir mein Kopf endlich die Moeglichkeit dazu gibt, auch wenn es in meinen letzten Momenten ist."
"Es tut mir leid", sagte Skivar. "Ich kenne dich nicht."
Doch, das tat er. Es war dasselbe Gesicht, das ihn jeden Morgen im Spiegel begruesste, abgesehen davon, dass es irgendwie... gebrochen aussah.
Der Fremde lachte, obwohl es ihm Schmerzen zu bereiten schien.
"Natuerlich nicht. Ich habe dich erfunden. Ich wollte eine andere Version von mir, die ein besseres Leben fuehren koennte."
"Ein gutes Leben?", fragte Skivar und eine ploetzliche Wut erfuellte ihn.
"Glaubst du wirklich, das ich ein gutes Leben habe? Ist es deine Vorstellung eines guten Lebens, wegen deiner Dysphorie deinen Koerper zu hassen? Ist sie, dich vor deinen Eltern zu verstecken, weil du ihnen nicht ins Gesicht sehen kann? Wegen einem Zusammenbruchs ein ganzes Schuljahr verpassen? Dich zu fragen, ob deine Freunde dich wirklich moegen oder nur Mitleid mit dir haben? Ist es all. das?"
Waehrend er gesprochen hatte, war er seinem seltsamen Gespraechspartner immer und immer naeher gekommen.
"Ich habe nicht von einem einfachen Leben gesprochen."
Skivar blinzelte.
"Was meinst du damit?"
"Was ich meine ist, dass deine Eltern dich lieben, auf ihre eigene Weise. Deine Freunde auch. Erinnerst du dich daran, wie du mit fuenf auf dem Jahrmarkt von deinem Vater getrennt wurdest und Angst hattest, ihn nie wieder zu sehen?"
"Was hat das damit zu tun?"
"Oder als du dich mit dreizehn deinem Freund gegenueber geoutet hast. Du hattest eine solche Angst, obwohl du wusstest, dass es irrational war."
Der Fremde lachte wieder und ploetzlich realisierte Skivar, dass selbst sein Lachen gebrochen klang. Rostig, als ob es lange nicht benutzt worden war. Vielleicht nie.
"Du hattest deine Hoehen und Tiefen, aber du hattest immer Hoffnung. Einen Grund. Du warst der, der ich sein wollte."